Libretto: Les Contes d'Hoffmann

von Jacques Offenbach


Hoffmanns Erzählungen


Personen:
HOFFMANN (Tenor)
LA MUSE / NICKLAUSSE (Mezzosopran)
LINDORF / COPPÉLIUS / DR. MIRACLE / DAPERTUTTO (Bass oder Bariton)
ANDRÈS / COCHENILLE / FRANTZ / PITICHINACCIO (Tenor)
OLYMPIA / ANTONIA / GIULIETTA / STELLA (Sopran)
LA MÈRE D'ANTONIA (Alt)
NATHANAEL / SPALANZANI (Tenor)
HERMANN / SCHLÉMIL (Bariton)
LUTTER / CRESPEL (Bass oder Bariton)
EINE STIMME

CHOR
Geister des Biers, des Weins und des Rums, Kellner, Studenten, sechs Lakaien,
Gäste Spalanzanis, Gäste Giuliettas, Diener, Sbirren

VORSPIEL

In den berühmten Weinstuben von Lutter in Berlin ist fröhliche und ausgelassene Gesellschaft; eine lustige Schar von Studenten trinkt und singt, lärmt und macht tolle Scherze

Chor

CHOR DER STUDENTEN
Juvallera!
Herr Lutter, wir sind da!
Hallodria.
He! Bring uns Bier und frischen Wein!
Schenk ein! Schenk ein!
Nun fülle bis zum Rand die blanken Becher,
Bier oder Wein, das gilt uns alles gleich.
Gott Bacchus winket euch, ihr frohen Zecher,
Bis morgen früh währt sein lustig Reich.
Schenk ein! Schenk ein!

HERMANN
Lutter ist fein geschniegelt,
Viv' la Compagneia.

ALLE
Viv' la Compagneia.

HERMANN
Morgen wird er geprügelt.
Vive la va!

ALLE
Vive la va.
Schenk ein! Schenk ein!

LUTTER
Schon da, ihr Herr'n, so Bier, wie Wein!

HERMANN
Seine Keller stehn uns offen,
Viv' la Compagneia.

ALLE
Viv' la Compagneia.
Schenk ein! Schenk ein!

LUTTER
Schon da, ihr Herr'n, so Bier, wie Wein!

NATHANAEL
Ehr seinem Weib gebühret,
Viv' la Compagneia.

ALLE
Viv' la Compagneia.

NATHANAEL
Morgen wird sie entführet.
Vive la va!

ALLE
Vive la va!
Ehr seinem Weib gebühret.
Schenk ein! Schenk ein!

LUTTER
Bin schon da, ihr Herr'n, mit Bier und Wein!

ALLE
Schenk ein!
Nun fülle bis zum Rand die blanken Becher, usw.

NATHANAEL
Nun, du dicke Tonne, wie keine,
Was fingst du mit Hoffmann an?
Er liegt krank von deinem Weine!
Du allein bist Schuld daran.
Gib ihn zurück!
Potz Blitz, schaff ihn zur Stelle,
Denn sonst geht es dir noch schlimm!

LUTTER
Da tritt er über die Schwelle
Und Niklaus folget ihm!

ALLE
Da kommt er selber!
Ja, Juvallera

Hoffmann, der Dichter und Zecher, tritt ein; Niklaus, sein treuer Begleiter, ist bei ihm

LUTTER
Ja, er ist da!

HOFFMANN
Ihr Herren, guten Tag.

NIKLAUS
Guten Tag.

HOFFMANN
Einen Platz und einen Becher, eine Pfeife!

NIKLAUS
Meister, erlaub
Mir an deiner Seite
Zu sitzen und zu rauchen
Und trinken wie du!

NATHANAEL
Ganz recht!

CHOR
's ist Platz für alle zwei!

NIKLAUS
Keine Ruhe bei Tag und Nacht!

HOFFMANN
Zum Teufel, schweige doch!

NIKLAUS
Ja, mein Meister!

HERMANN
Oho! so verdriesslich?

NATHANAEL
Bist ja kaum zu erkennen!
Was ist dir denn begegnet?

HOFFMANN
Eine tote Blume,
Ach, verwelket vom nächtigen Reif,

NIKLAUS
Und vor der Türe ein Schneider,
Der betrunken dort schlief.

HOFFMANN
's ist wahr, wie ich den sah,
Bekam ich Lust zu trinken!
Und so, wie er, in der Gosse zu liegen.

HERMANN
Unter dem Kopf?

HOFFMANN
Die Steine!

NATHANAEL
Und über dir?

HOFFMANN
Den Himmel!

NIKLAUS
Und zugedeckt?

HOFFMANN
Vom Regen.

HERMANN
He, Hoffmann, was fehlt denn dir?

HOFFMANN
Nichts!

NATHANAEL
Lass doch die Grillen!
Trink und sing!
Chorus machen wir!

CHOR
Chorus machen wir!

HOFFMANN
Gut.

NATHANAEL
Doch ein lustig Lied!

HERMANN
Sing das Rattenlied!

NATHANAEL
Nein! nicht das ewige Einerlei!
Geh, sing uns lieber die Legende vom Kleinzack

CHOR
Ja, die Legende vom Kleinzack.

Seine verdriessliche Laune zu scheuchen, singt Hoffmann das tolle Lied vom Zwerg Kleinzack am Hofe von Eisenack:

Lied und Szene

HOFFMANN
Es war einmal am Hofe von Eisenack

CHOR
Am Hofe von Eisenack!

HOFFMANN
Ein winziger Zwerg, der nannte sich Kleinzack.

CHOR
Der nannte sich Kleinzack!

HOFFMANN
Am Kopfe trug er den Kalpak,
Mit den Beinen, da ging's Clic Clac.
Das war Kleinzack.

CHOR
Clic Clac! Clic Clac.
Das war Kleinzack.

HOFFMANN
Der hatte einen Höcker, so gross wie ein Sack.

CHOR
So gross wie ein Sack!

HOFFMANN
Die krummen Beine stolperten immer Zickzack

CHOR
Die Beine im Zickzack

HOFFMANN
Die Nase schwarz von Schnupftabak.
Mit dem Kopfe, da ging's Cric Crac.
Das war Kleinzack.

CHOR
Cric Crac!
Das war Kleinzack.

HOFFMANN
Dann erst das Gesicht und diese Züge ...

CHOR
Das Gesicht und diese Züge ...

HOFFMANN
Ja, erst das Gesicht und diese Züge ...
Doch, ihre Züge, welch ein Reiz!
Ich seh sie, schön
Wie der Maientag,
Ich folgte ihren Spuren
Und verliess liebestrunken die väterlichen Fluren,
Und durchstreifte das Tal und des Waldes Revier.
Ihre dunklen Haare lieblich in Locken flossen
Um den Schwanenhals, wie von Alabaster gegossen!
Die Augen, des offnen Himmels klares Bild,
Sahn um sich her, gazellengleich so sanft und mild;
Und wie im Ebenmass die zarten Glieder schwebten,
Fühlt ich mich liebentbrannt und meine Pulse bebten.
Ach, ihrer Stimme Ton,
Der Himmelslieder singt,
Mit süssem Echo mir im Herzen widerklingt!

NATHANAEL
Ach, wie zart - wie romantisch!
Wen, Teufel, meinst du denn?
Kleinzack!?

HOFFMANN
Kleinzack?
Ich sprach von ihr!

HERMANN
Von wem?

HOFFMANN
Nein! von niemand! Nichts!
Ach, verwirrt war mein Sinn! Nichts!
Kleinzack taugt vielmehr,
Wenn er auch noch hässlicher wär!
Und trank er zuviel Branntwein und Arrak.

CHOR
Viel Branntwein und Arrak.

HOFFMANN
Da flattern im Winde die Schösse vom Frack!

CHOR
Die Schösse von seinem Frack!

HOFFMANN
Wie die Segel auf einem Wrack,
Und das Monstrum, das schien flick flack!
Das war Kleinzack.

CHOR
Flick flack!
Kleinzack!

Finale

HOFFMANN
Pfui, dieses Bier ist abscheulich!
Bringt flammenden Punsch!

CHOR
Bringt flammenden Punsch!

HOFFMANN
Zündet an!

CHOR
Zündet an!

HOFFMANN
Wer zu wenig verträgt,
Der liegt unterm Tische!

CHOR
Wer zu wenig verträgt,
Der liegt unterm Tische.
Lutter ist fein geschniegelt,
Viv' la Compagneia!
Morgen wird er geprügelt,
Viv' la Compagneia vive la va.
Seine Keller stehn uns offen!
Viv' la Compagneia vive la va.
Morgen sind sie ausgesoffen,
Compagneia viv' la va.

NIKLAUS
Die Becher füllet voll, das nenne ich doch faktisch
Gesunden Sinn und wahrlich praktisch!
Hol der Teufel die schmachtenden Tröpfe!

NATHANAEL
Eins ist gewiss:
Mein Freund, du bist verliebt.

HOFFMANN
Ich verliebt?

NATHANAEL
Du brauchst dich doch dessen fürwahr nicht zu schämen,
Freund Wilhelm, wie du ihn da siehst,
Entbrennt für Leonore, die liebliche Kleine.
Hermann liebt sein Gretchen,
Und ich richte zugrunde für Fausta mich.

HOFFMANN
Ja, Leonore, die Tugend selber,
Und auch Gretchen, die Puppe ohne Geist und Herz,
Und Fausta erst ... die Kurtisane mit der Stirne wie von Erz

HERMANN
Du betrachtest deine Geliebte als Kleinod!
Da die unsern du so verachtest.

HOFFMANN
Meine Geliebte, meine Geliebte!
Meine Geliebte? O nein! Sag lieber drei!
Drei Frauen sind's von Reiz und Anmut,
Die mich mit Liebeslust erfüllten!
Soll ich euch diese tollen Geschichten erzählen?

CHOR
Ja, ja, ja, hört ihn an!
Herrlich lässt's sich trinken,
Wenn uns toll Liebesgeschichten winken!
Und wir sehen dabei in Ruh
Aus der Pfeife den Wolken zu.

HOFFMANN
Ich beginne!

NIKLAUS
Silentium!

Hoffmann beginnt, den Freunden die Geschichte seiner Liebe zu erzählen:

"Drei Frauen sind's …"

CHOR
Silentium!

HOFFMANN
Der Name meiner ersten
War Olympia!

Da Hoffmann zu erzählen beginnt, verwandelt sich die Szene

ERSTER AUFZUG

Da die Bühne wieder hell wird, sieht man Spalanzanis physikalisches Kabinett; heute ist grosses Fest bei Spalanzani. Der Blick des Zuschauers fällt sogleich auf eine reizende Dame, die in einem Alkoven schläft

Szene

SPALANZANI
Ha, ha! Sie schläft!
So klug, so sittig und so schön.
Durch sie gewinne ich wieder die fünf hundert Dukaten,
Um die der Bankrott des Juden Elias mich gebracht.
Bleibt nur noch Coppelius,
Wie ist der Mensch so schlecht!
Ich fürchte seine böse Zunge.
Um schnödes Geld beruft er sich laut auf seine Vaterschaft!
Teufelsjunge! Doch zum Glück ist er weit! -
Ah, guten Tag! - sehr erfreut.

Hoffmann tritt ein

HOFFMANN
Ich komme wohl zu frühe?

SPALANZANI
O ich bitte, mein Schüler!

HOFFMANN
Unwürdig solchen Meisters!

SPALANZANI
Wie bescheiden seid Ihr doch!
Nicht der Dichtkunst mehr ergeben,
Wollt Ihr der Physik nur leben!
Als Professor grüsse ich Euch noch,
Dann seht Ihr meine Tochter,
Wie ein Engel so schön!
Ein Triumph der Physik fürwahr,
Olympia ist mir teuer gar.

HOFFMANN
Was hat denn die Physik mit seiner Tochter zu tun?

SPALANZANI
Heda. Komm, Cochenille! Geh, mach alles bereit!

COCHENILLE
Auch den Champagner?

SPALANZANI
Ganz recht, folg mir!
Pardon, mein Lieber, bald bin ich wieder da

Rezitativ und Romanze

HOFFMANN
Wohlan, nur Mut und Vertrauen,
Bald hoff ich mich als Gelehrten zu schauen
Ich muss mich drehen nach dem Wind,
Die zu besitzen, die ich liebe.
Ich weiss, bald find ich noch in mir
Talent zu einem Physikus.
Sie ist da! Wenn ich's wagte ...
Sie ist es!
Sie schlummert.
O welche Anmut in den Zügen!
Zusammen sein, mit dir zu teilen alle Freuden,
O welche Wonne!
Zu teilen mit dir, ach, selbst des Lebens Leiden,
Mit dir zu teilen jedes Geschick
Lass meiner Flamme Glühen erwecken dich zu allem
Ach, lass dein Herz neu erblühen,
Verklärt vom Liebesstrahl.
O süss Gefühl, was unsere Herzen heiss durchdringet,
O welche Wonne!
O himmlischer Wahn, sein ganzes Wesen in einem Kusse
In einem Kusse ganz sich aufzulösen!
Lass meiner Flamme Glühen
Erwecken dich zumal.
Ach! Lass mir dein Herz erblühen,
Verklärt vom Liebesstrahl.

Niklaus, der Hoffmann gesucht hat, tritt in das Kabinett

Szene und Lied

NIKLAUS
Bei Gott, dacht ich es doch;
Dich treff ich endlich hier.

HOFFMANN
Still!

NIKLAUS
Warum? Aha! Weil die schöne Olympia sich hier zeigt.
Bewundere ungestört!

HOFFMANN
Ein Engel ist's Mein Herz gehöret ihr allein!

NIKLAUS
So schau sie doch erst näher an!

HOFFMANN
Ein Herz, das liebt, ist leicht wohl zu ergründen.

NIKLAUS
Ein einziger Blick durchs Fenster.

HOFFMANN
Ja, ein Blick ist genug, um zu entflammen in Glut

NIKLAUS
Ha, welche Glut, weiss sie denn schon,
Dass du sie liebst?

HOFFMANN
Nein!

NIKLAUS
Schreib ihr doch!

HOFFMANN
Ich wag es nicht.

NIKLAUS
Armes Kind! Sprich mit ihr!

HOFFMANN
Das wag ich noch minder.

NIKLAUS
So sing ihr was vor
Wenn dir das leichter wird.

HOFFMANN
Signor Spalanzani, er liebt nicht die Musik.

NIKLAUS
Ja, ich weiss, er schwärmt nur für Physik.
Immer nur für Physik.
Er hat 'ne Puppe von Tragant,
Stets mit dem Fächer in der Hand;
Von Kupfer einen Hahn daneben,
Die singen beide stundenlang,
Das gibt 'nen wunderlichen Klang,
Als wären wirklich sie am Leben.

HOFFMANN
Was soll's, was für ein toller Sang?

NIKLAUS
Ah, der kleine Vogel, frank und frei,
Kräht lustig seinen Hahnenschrei
Und schüttelt dreimal stolz den Kragen.
Durch Räder fein und meisterlich,
Senkt sie die Augen minniglich.
"Ich liebe dich", hört man sie sagen.

Coppelius tritt ein und bietet Hoffmann seine Waren zum Kauf an

Szene

COPPELIUS
Ich bin's, Coppelius!
Leise nur und Vorsicht!
Ein Mann!?

NIKLAUS
Ha.

COPPELIUS
Und was ist's, was er so starr betrachtet?
Unsre Olympia, ganz recht!

NIKLAUS
Ihre Olympia?

COPPELIUS
Wie wunderlich! - He, mein Herr!
Er hört wohl nicht.
Mein Herr! - Mein Herr!

HOFFMANN
Was gibt's?

COPPELIUS
Ich nenne mich Coppelius.
Ein guter Freund von Meister Spalanzani!
Sehet da: Barometer, Hygrometer, Thermometer -
Mit Rabatt, doch gegen bar
Ihr kauft gewiss von dieser War!
Hier diese Brillen zeigen schwärzer wie die Nacht.
Die wieder zeigen weiss wie Kreiden.
Je nachdem Ihr sie wählet, diese beiden,
Wird schöner, hässlicher ein Gegenstand gemacht.

Hoffmann wählt eine Wunderbrille

HOFFMANN
Sprichst du auch wahr?

COPPELIUS
Seht selbst!

HOFFMANN
Zeige!

COPPELIUS
Drei Dukaten!

HOFFMANN
Grosser Gott! Himmelsgewalt.
Welche Grazie aus diesem Blick mir strahlt.

COPPELIUS
Drei Dukaten!

HOFFMANN
Mein Engel, bist du's selbst?

COPPELIUS
Drei Dukaten!

HOFFMANN
Warum raubst du mir diesen Anblick voller Liebe und Glück?

SPALANZANI
Wie! Ihr?

COPPELIUS
Der teure Meister!

SPALANZANI
Zum Teufel! 's war doch abgemacht ...

COPPELIUS
Habt Ihr's schriftlich?

SPALANZANI
Doch ...

COPPELIUS
Chimäre!
Es regnet Geld Euch über Nacht;
Alles teil ich mit Euch!

SPALANZANI
Bin denn nicht ich der Vater?

COPPELIUS
Pardon! die Augen habe ich gemacht!

SPALANZANI
Nur leis, nur leis, nur leis!
Ihre Augen! Warum hab ich sein Geheimnis nicht erraten?
Doch ein Ausweg, halt! - wollt Ihr noch verdienen fünfhundert Dukaten?
So übertragt mir durch eine Schrift ihre Augen und ihre ganze Person!
Und Ihr kriegt Euer Geld, durch den Juden Elias wohlgezählt.

COPPELIUS
Durch Elias.

SPALANZANI
'ne solide Firma.

HOFFMANN
Was mögen die da unterhandeln?

COPPELIUS
Gut! Abgemacht.

SPALANZANI
Abgemacht!

BEIDE
O teurer Freund!

SPALANZANI
Geh du nur zu und such dir dein Geld.

COPPELIUS
Apropos, ein Gedanke, verheirate doch Olympia
Diesem jungen Narren da.
Gewiss, verlangt er sie von Euch!

BEIDE
O teurer Freund.

COPPELIUS
Ha, ha, ha! 's geht nichts über die Physik.

HOFFMANN
Was hat er nur? Schon zum zweitenmal.

COCHENILLE
Die Gesellschaft ist da, schon versammelt in dem Saale!

Die Türen öffnen sich, die Gesellschaft tritt in den Saal

Chor und Lied

CHOR
Kein andrer Hausherr im Land,
Fein und scharmant,
Seinen Gästen so erscheint;
Wie dieser Saal hier erglänzet,
Blumen bekränzet.
Alles findet man vereint.
Wollt Ihr so gütig sein,
Uns Eure Tochter vorzuführen.
Sie wird geschildert so fein.
Ja, man sagt, sie sei gemacht,
Um aller Herzen zu verführen!
Das Mahl nimmt man später ein,
Erst soll sie sich produzieren
Kein andrer Hausherr im Land, usw.

SPALANZANI
Gleich stelle ich sie vor, meine Herr'n!
Sie werden zufrieden sein!

NIKLAUS
Nun endlich sollen wir sie in der Nähe schauen,
Dies Wunderwerk und Zierde aller Frauen.

HOFFMANN
Nur stille, denn sie kommt!

Spalanzani geleitet Olympia in den Saal

SPALANZANI
Ihr Damen und Herr'n, ich stell
Euch hiermit vor meine Tochter Olympia.

CHOR
Wie reizend und zierlich,
Wie leuchtend ist ihr Aug,
Sehr hübsch und schlank die Taille;
Das Kleid von feinster Faille,
Nichts fehlet, wie wir sehn;
Sie ist wahrhaftig schön!

HOFFMANN
O himmliches Entzücken!

NIKLAUS
Es ist kaum auszudrücken.

SPALANZANI
Ha! Dein Erfolg ist gross!

NIKLAUS
Ihr Aussehn ist famos

CHOR.
Wie leuchtend ist ihr Aug,
Wie hübsch und schlank die Taille;
Das Kleid von feinster Faille,
Nichts fehlet, wie wir sehn;
Fürwahr, sie ist recht schön!

SPALANZANI
Ihr Damen und ihr Herr'n,
Stolz auf Ihren Beifall,
Und vor allem begierig,
Ihn neu zu erringen,
Wird Olympia gehorchen
All Ihren Launen!
Und wenn Sie befehlen -

NIKLAUS
Kunststücke machen zum Staunen.

SPALANZANI
Eine Arie Ihnen singen, mit beliebiger Begleitung!
Der Begleitung am Klavier, oder der Gitarre -
Oder der Harfe; ganz nach Wunsch!

COCHENILLE
Mit Harfe!

EINE STIMME
Mit Harfe!

SPALANZANI
Sehr wohl. Cochenille, geh schnell und bring die Harfe!
Die neue Harfe von meiner Tochter!

HOFFMANN
Ich werd sie hören, o Glück!

NIKLAUS
O welche Liebesglut!

SPALANZANI
Sei nur nicht aufgeregt, mein liebes Kind!

OLYMPIA
Ja, Ja.

COCHENILLE
Da - a.

SPALANZANI
Ihr Herr'n, nun gebet acht.

COCHENILLE
Ge - e - e - bet acht.

CHOR
Nun gebet acht.

OLYMPIA
Phöbus stolz im Sonnenwagen,
Nachtigall, im grünen Hage,
Alle jungen Mädchen sagen
Von Lieb!
Ach, sie sprechen von Lieb, ach!
Ja, das sind des Liedes Klagen,
So singt auch Olympia!
Ach.

Alles jubelt laut, es klinget:
Wenn es immer nur so blieb!
Ach, das Herz es sanft durchdringet
Mit Lieb!
Ach, sie sprechen von Liebe.
Das sind ja Liebeslieder,
Es singt auch Olympia!
Ach.
Ach, ja dieses Lied auch singet Olympia.
Ach.

HOFFMANN
Ach, teurer Freund, welch ein Ton.

NIKLAUS
Diese Skalen, diese Skalen.

SPALANZANI
Reichet die Hand den Damen vor allem,
Das Souper wartet schon.

CHOR
Das Souper, ha, das krönt des Festes Glanz.

SPALANZANI
Wenn sie zuvor nicht wollen den Tanz!

CHOR
Nein, nein! Erst wird soupieret,
Hierauf erst folgt der Tanz.

SPALANZANI
Ganz nach Ihrem Wunsch.

HOFFMANN
Darf ich's wagen ...?

SPALANZANI
Sie ist ein wenig müde.
Geduld bis zum Ball.

OLYMPIA
Ja. Ja.

SPALANZANI
Ihr hört selbst.
Bis dahin wollt Ihr mir erweisen die Güte,
Gesellschaft zu leisten der lieben Sängerin?

HOFFMANN
Welches Glück!

SPALANZANI
Nun bin ich begierig, was er ihr sagen wird.

NIKLAUS
Sie soupiert also nicht?

SPALANZANI
Nein!

NIKLAUS.
Wie poetisch, idealisch!
Was ist's?

SPALANZANI
Nichts. Die Physik, jawohl, die Physik.

COCHENILLE
Das Sou- per- ist be- reit-.

CHOR
Das Souper, es ist Zeit!
Kein andrer Hausherr im Land,
Fein und scharmant,
Seinen Gästen so erscheint.
Zu diesem testlichen Glanz
Winkt Mahl und Tanz.
Alles ist hier schön vereint.

Die Gesellschaft geht zu Tische, Hoffmann bleibt allein mit Olympia

Romanze

HOFFMANN
Ach, endlich sind sie fort!
Ich atme freier!
Allein mit dir, allein,
Was hab ich alles dir zu sagen,
Olympia, teures Kind,
Ach, gewähr mir das Glück
Und lasse mich berauschen an deinem Feuerblick.

OLYMPIA
Ja! Ja!

HOFFMANN
Ist es nicht ein Traum, von Fieber eingegeben?
Ich hörte einen Seufzer von deinen Lippen schweben!

OLYMPIA
Ja! Ja!

HOFFMANN
Süss Geständnis aus deinem Rosenmund, du bist nun mein!
Geschlossen ist der Herzensbund!
Ach, fühlst du nicht mit mir diese himmlische Freude der grossen, ewigen Liebe?
Fühlst du unsere Herzen auf zum Himmel sich schwingen in einem einz'gen Schlag?
Lass meine Liebesgluten dich erwecken zumal,
Ach, lass mir dein Herz erblühen, verklärt vom Strahl der Lieb'!

Olympia verlässt schnell den Saal; der verwunderte Niklaus tritt auf Hoffmann zu, der der Geliebten folgen will

Szene

HOFFMANN
Du entfliehst, was hab ich getan?
Wie? Keine Antwort mir?
Sprich doch! Bist du beleidigt?
Ach, folgen muss ich dir!

NIKLAUS
Hollah! Was treibst du denn hier?
Man trinkt, und du bist nicht dabei.

HOFFMANN
O Freund, ich bin geliebt!
Geliebt von ihr, o Gott!

NIKLAUS
Meiner Treu, weisst du, was die Leute von deiner Schönen sagen?

HOFFMANN
Was kann man sagen? Sprich!

NIKLAUS
Dass sie nicht lebt!

HOFFMANN
O lächerlich!

NIKLAUS
Oder nie gelebt hat!

HOFFMANN
Mein Freund, ich bin geliebt!
Geliebt von ihr! O Gott!

Coppelius kommt voller Wut zurück

COPPELIUS
O Schelm! Du Dieb ich bin ruiniert!
Der Jud Elias hat falliert.
Doch warte nur; ich weiss auch noch ein Mittel, um mich zu rächen.
Geprellt! Bestohlen. - Ich! Das sollt ihr mir büssen!

Coppelius ab, Spalanzani erscheint mit Olympia und den Gästen

Finale

SPALANZANI
Die Tänzer sind da!

COCHENILLE
Da höret schon den Schnalzer!

NIKLAUS
Schon zum Tanze ruft uns der Walzer!

SPALANZANI
Reich die Hand diesem Herrn da, mein Kind!
Nun geh!

OLYMPIA
Ja, ja.

CHOR
Wie sie zierlich
Sich manierlich
Im Tanze dreht!
Voll Majestät
Raum ihr gebet;
Wie sie schwebet
Hin von der Stell
So blitzesschnell!

HOFFMANN
Olympia.

SPALANZANI
Haltet sie auf! Sie soll nicht so schnell tanzen!

CHOR
Wer wird dieses Wagstück bestehen?

NIKLAUS
Se wird ihm noch den Kopf zerschellen.
He! Tausend Teufel.

Der Tanz wird rasend, Hoffmann sinkt ohnmächtig zu Boden

CHOR
's ist geschehen

SPALANZANI
Halte ein - - -
Nun ist's genug, meine Tochter!

OLYMPIA
Ha!

SPALANZANI
Lasse das Walzen sein.

OLYMPIA
Ha!

SPALANZANI
Nun ist's genug! Nur schnelle;
Du, Cochenille, führe sie fort!

COCHENILLE
Geh, geh - doch! Geh, geh doch fort!

OLYMPIA
Ja, ja.

CHOR
Ja, ihre Art, ihr Wesen
Ist wirklich auserlesen!
Nichts fehlt ihr, wie ihr seht,
Sie ist recht schön.

Olympia wird hinausgeführt

NIKLAUS
Ist er tot?

SPALANZANI
Nein, er ist heil und ganz,
Nur die Brille ist zerbrochen.
Ha, Gott sei Dank, sein Geist wird wieder wach.

CHOR
Ach dieser Arme!

NIKLAUS
Ha, Gott sei Dank, sein Geist wird wieder wach.

CHOR
Ach, dieser Arme!
Cochenille stürzt herein

COCHENILLE
Ha!

SPALANZANI
Was?

COCHENILLE
Der mit den Brillen ist da!

SPALANZANI
Allmächtiger Himmel, Olympia!

Spalanzani eilt hinaus und kehrt sogleich mit Coppelius wieder zurück

HOFFMANN
Olympia!

SPALANZANI
Ha! Tod und Teufel, sie ist zerbrochen.

HOFFMANN
Zerbrochen?

COPPELIUS
Ha, ha, ha, ha! In Stücken, ja.

SPALANZANI
O Schelm!

COPPELIUS
Du Dieb!

SPALANZANI
Brigant!

COPPELIUS
Du Strolch!

SPALANZANI
Bandit!

COPPELIUS
Pirat!

HOFFMANN
Ein Automat! Weh mir!

CHOR
Ha, ha, ha, das ist geraten,
Er liebt einen Automaten.

NIKLAUS
Ein Automat.

HOFFMANN
Ein Automat.

COPPELIUS
Nun liegt sie in Stücken da,

SPALANZANI
O Schelm!

COPPELIUS.
Du Dieb!

CHOR
Er liebte also einen Automaten.

SPALANZANI
Brigant!

COPPELIUS
Du Strolch!

SPALANZANI
Bandit!

COPPELIUS
Pirat!

SPALANZANI
Räuber du,
Mein Automat!

COPPELIUS
Den Automaten hab ich zerbrochen gänzlich da! Ha! Ha!

CHOR.
Ha! Ha! Ha! Ha!

ZWEITER AUFZUG

Im Palast Giuliettas in Venedig; von der Terrasse herab fällt der Blick auf die Lagunen, die im Mondlicht silbern schillern. Niklaus und Giulietta im Liebesduett

Barcarole

NIKLAUS
Schöne Nacht, du Liebesnacht,
O stille mein Verlangen!
Süsser als der Tag uns lacht
Die schöne Liebesnacht.

GIULIETTA UND NIKLAUS
Flüchtig weicht die Zeit unwiederbringlich unserer Liebe!
Fern von diesem lausch'gen Ort entweicht die flüchtige Zeit.
Zephire, lind und sacht,
Die uns kosend umfangen,
Zephire haben sacht
Sanfte Küsse gebracht -
Ach.

Schöne Nacht, du Liebesnacht,
O stille das Verlangen.
Süsser als der Tag uns lacht
Die schöne Liebesnacht -
Ach.

Hoffmann tritt in den Palast

Lied

HOFFMANN
Genug. Nicht süsse Tändelei kann mein Herz bezwingen.
Gefesselt von dem Reiz der Schönheit, die berauscht,
Liebeslust, kein Schmachten und kein Seufzen,
Mit lachendem Munde höret laut ihr sie singen.

I.

Die Liebe fürs Leben ist nur ein Wahn.
Nur Sinnenlust trägt uns hinan, hinan.
Lasst eure Sinne entflammen heiss Begehren,
Vom Fieber toller Genüsse lasst Euch verzehren.
Das Liebesglück, es dauert nicht lang. Ach
Zum Teufel Seufzer und Klagen um ein Frauenherz.
Lasst uns nur frohes Behagen
Mit Lust und Scherz
Ein Stündchen tragen himmelwärts. Ach.

CHOR
Zum Teufel Seufzer und Klagen! usw.

II.

Der Himmel die Schönheit gebar so klar,
Und wer sie nicht achtet, fährt schnell zur Höll!
Ja tolle Liebeslust im Genusse schäume,
Die Seufzer banger Brust sind nur eitle Träume!
Von fern gegrüsst,
Das alles ist
Nur Lug und Trug. Ach!
Zum Teufel Seufzer und Klagen! usw.

Schlemihl, der Mann ohne Schatten, tritt unvermutet hinzu, mit seinem Diener Pitichinaccio

Szene

SCHLEMIHL
Ich seh, man amüsiert sich vortrefflich, Madame, vortrefflich!

GIULIETTA
Wie doch? Ich hab Sie doch beweint drei Tage lang.

PITICHINACCIO
Und eine Stunde!

SCHLEMIHL
Missgeburt!

PITICHINACCIO
Oho!

GIULIETTA
Ruhig, Freund!
Denn ein fremder deutscher Dichter ist heut unser Gast - Herr Hoffmann.

SCHLEMIHL
Mein Herr!

HOFFMANN
Mein Herr!

GIULIETTA
So lächeln Sie freundlich,
Und der mich liebt, begleitet mich.

SCHLEMIHL
Pardon!

GIULIETTA
Zum Spiel, ihr Herr'n, zum Spiel!

CHOR
Zum Spiel! Zum Spiel.

Giulietta eilt mit den andern hinaus; Hoffmann bleibt mit Niklaus zurück

NIKLAUS
Ein Wort! - Zwei Pferde stehn bereit,
Bei der ersten Torheit
Entführ ich dich ohne Säumen!

HOFFMANN
Doch wie könnte mich hier ein Traum wohl betrügen,
Seh ich so holde Wirklichkeit?
Liebt man denn eine Kurtisane!
Du siehst doch, dieser Schlemihl ...
Ich bin nicht Schlemihl.

NIKLAUS
Hüte dich! der Teufel ist gar fein.

HOFFMANN
War er's auch, verfiel ich diesem Wahn,
Sei es auch um mich getan!
Nun fort!

NIKLAUS
Nun fort!

Während Hoffmann mit Niklaus die Szene verlässt, tritt der Doktor Dapertutto ein

DAPERTUTTO
Ja geht! Der Kampf mag beginnen!
Die Augen Giuliettas sind sichere Waffen,
Sie haben bewirkt, dass Schlemihl unterlag.
Meiner Treu, ich schwör's beim Teufel,
Es geh dir wie Schlemihl.
Ich will, dass Giulietta dich behexe,
Und für ewig bist du mein.

Giulietta kommt

Szene

DAPERTUTTO
Teurer Engel.

GIULIETTA
Was verlangen Sie von Ihrer Sklavin?

DAPERTUTTO
Ja, du verstehst mich;
Du verstehst meisterlich,
Die Männer zu verführen,
Du reichtest jüngst mir dar
Schlemihls Schatten gar!
Doch mein Geschmack hat sich geändert,
Denn jetzt bitt ich dich
Um Hoffmanns Spiegelbild -
Und zwar noch heut!
Was hast du denn?
Bezweifelst du deiner schönen Augen Macht?
Weil dein Hoffmann anders wohl gedacht
Ja, alles hört ich, denn ich war auf der Lauer.
Er trotzet dir,
O glaube mir.

GIULIETTA
Ha, heut noch als Spielzeug dien er dir.

DAPERTUTTO
Er kommt! Er kommt!

Hoffmann kehrt vom Spiel zurück, Dapertutto ist gegangen

GIULIETTA
Sie wollen gehn?

HOFFMANN
Hab alles verspielt.

GIULIETTA
Wie, auch Sie?
Ach, in Ihrem Aug kann ich lesen,
Ach, Sie verachten mein Wesen!
Schmähen mich, so wie die!
Gehen Sie!

HOFFMANN
Deine Tränen haben dich verraten,
Ja, ich lieb dich, und gält es auch mein Leben!

Duett

GIULIETTA
Unglücksel'ger, du begreifst also nicht,
Welche Gefahren dich an diesem Ort erwarten?
Und dieses Herz dich auf ewig verliert,
Wenn du verweilest.
Dass noch heut abend Schlemihl in meinem Arm dich tötet!
O bleibe nicht taub meinen Bitten,
Mein Herz gehöret nur dir.
Nur fort von hier, o eil, ich schwör, schon morgen folg ich dir!

HOFFMANN
Ha, wie in meiner Seel entbrennet süsse Wonne,
Wie sanfter Himmelston mir deine Stimme klingt,
Ein zartes, heil'ges Feuer den Busen mir durchdringt.
Dein Blick, mir zugewandt, er leuchtet wie die Sonne
Voll Anmut und Majestät!
Und ich fühle mit lieblichem Kosen,
Wie dein Atem, so duftig wie Rosen,
Meine Lippen, mein Auge umweht.
Ha, wie ist meine Seele entbrannt in süsser Wonne!
Dein Blick, mir zugewandt, strahlt leuchtend wie die Sonne mir.

GIULIETTA
O Freund, soll ich glauben, was du sagst?
Lass mich erproben dein liebendes Herz.

HOFFMANN
Was willst du sagen?

GIULIETTA
So höre!
Aber lache nicht über mich.
Das, was ich von dir will,
Ist ein getreues Bildnis,
Das treu deine Züge erfasst;
Deinen Blick, dein ganzes Wesen,
Gib mir dein Spiegelbild,
Das so traut mit meinem hier sich eint.

HOFFMANN
Ach, was sagst du? Das ist ja Wahnsinn!

GIULIETTA
Nein! Denn es kann sich trennen
Von dem polierten Glase,
Und es schliesst sich für ewig tief in mein Herz.

HOFFMANN
In dein Herz?

GIULIETTA
In mein Herz.
Geliebter, hör mein Flehen.
Erfülle meinen Wunsch!

HOFFMANN
Du willst es?

GIULIETTA
Ja, ich will's, ob für toll du mich hältst,
Ich verlang es, ich will's!
Ja, wenn in Lieb du mir ergeben -

HOFFMANN
's ist Wahnsinn, der mich macht erbeben!

GIULIETTA
Verlang ich Eines nur von dir:
Dein Bild, dein Herz, dein Leben,
Geliebter, gib es mir!
O stoss nicht zurück meine Bitten,
Mein Leben ist dein unbestritten.
Dein Bild, o gib es mir,

HOFFMANN
Ich fühl die Pulse beben,
Wie seltsam scheint sie mir.
Mein Herz und mein Leben
Gehören ewig dir!

BEIDE
Ach, welch unendlich Sehnen
Füllt das Herz.
Heute noch fliessen heisse Tränen,
Morgen himmelwärts,
Morgen winkt das Paradies!

Schlemihl tritt plötzlich hinzu, mit Pitichinaccio

Szene

GIULIETTA, SCHLEMIHL
Schlemihl.
Dacht ich es doch - sie beisammen.
O kommt, ihr Herr'n, gewiss,
Herrn Hoffmann ist's zu danken,
Dass Giulietta allein uns liess.

HOFFMANN
Mein Herr!

GIULIETTA
O stille.
Er hat den Schlüssel zu meinem Zimmer.

PITICHINACCIO
Töten wir ihn?

SCHLEMIHL
Nur Geduld noch - - - ja!

Dapertutto kommt mit den andern

Finale

GIULIETTA
Meine Herren!
Dies ist die Stunde der Barcarolen
Und des Abschieds - auf Wiedersehen!

NIKLAUS
Kommst du?

HOFFMANN
Nein noch nicht!

NIKLAUS
Ich verstehe; aber ich wache!

SCHLEMIHL
Worauf noch warten Sie?

HOFFMANN
Dass Sie mir den Schlüssel aushändigen, den zu besitzen ich geschworen!

SCHLEMIHL
Diesen Schlüssel erhalten Sie nur mit meinem Leben!

HOFFMANN
Ich nehme eines mit dem andern!

SCHLEMIHL
Nun das wollen wir sehen!

DAPERTUTTO
Sie haben keinen Degen! Bitte nehmen Sie!

Er gibt Hoffmann den Degen.

HOFFMANN
Ich danke.

PITICHINACCIO
Ehrlich Spiel.

Es kommt zum Kampf zwischen Hoffmann und Schlemihl

CHOR
Ach! Schöne Nacht, du Liebesnacht,
O stille das Verlangen!
Süsser als der Tag uns lacht
Die schöne Liebesnacht.

Hoffmann stösst Schlemihl nieder; plötzlich ist das Bild verschwunden, als wäre es nur ein Spuk der Hölle gewesen. Von fern ertönt Giuliettas Lied

HOFFMANN
Niemand dort?

GIULIETTA
Ha, ha, ha, ha, ha, ha.

DAPERTUTTO
Was willst du nun mit ihm?!

GIULIETTA
Ich überlasse ihn dir!

PITICHINACCIO
Mein Engel.

HOFFMANN
Elender!

GIULIETTA
Ha, ha, ha, ha, ha.

HOFFMANN
Ha, Rache!

NIKLAUS
Hoffmann! Hoffmann! Die Wache!

DRITTER AUFZUG

Ein ärmliches, sauberes Zimmer; der alte Crespel mit seiner Tochter Antonia, die ein süsses trauriges Lied singt

Romanze

ANTONIA
Sie entfloh, die Taube, so minnig -
O grausames Geschick! Erinnerung süss und sinnig.
Noch hör und seh ich ihn auf den Knien vor mir!
Ach Gott!
Sie entfloh, die Taube, so minnig,
Sie entfloh weit von hier!
Doch er liebt mich ewig und innig,
Und die Treu wahrt er mir.
O mein Geliebter, dein nur bin ich,
Mein ganzes Herz gehöret dir!
Liebe Blume frisch erblühet,
Zu dir fleh ich, antworte mir,
Ob für mich sein Herz noch erglühet,
Ob er Treue mir hielt?
O mein Geliebter, zu dir ziehet
Mit ganzer Seele es mich hin.
Ach mein Herz, schlägt für dich!
Sie entfloh, die Taube so minniglich,
Sie entfloh weit von hier!

Szene

CRESPEL
Unglücksel'ges Kind, ach, ich zittre für dich!
Versprachst du mir nicht, nie mehr zu singen?

ANTONIA
Die Mutter ist mir neu erstanden;
Mir ist, wenn ich singe, als ob selbst ich sie hör!

CRESPEL
Das ist ja mein Schmerz, dass ihre Stimme die geliebte Mutter dir vererbt
Es erneuert den Schmerz um ihren Verlust!
Ach, singe nicht wieder!

ANTONIA
Ich singe nie mehr, und bräche selbst mein Herz.

CRESPEL
O Verzweiflung. Eben sah ich ihre Wangen
Von verhängnisvollen Rot erglühen.
Gott! sollt ich auch dieses Kind noch verlieren?
Nur Hoffmann ist daran schuld,
Der ihr Herz umstrickt.
Wir flohen bis hierher vor ihm! - - -
Franz, lass niemand ein von all den Leuten.

Es läutet; Franz, der alte, halbtaube Diener, will gehen, um zu öffnen

FRANZ
Ja, ja.

CRESPEL
Wo willst du hin?

FRANZ
Ihr höret jemand läuten,
So habt Ihr selbst gesagt!

CRESPEL
Ich sagte: lass niemand ein von all den Leuten!
Hast du jetzt verstanden?

FRANZ
Ach Gott, ich bin ja nicht taub.

CRESPEL
Dass er doch zum Teufel führe!

FRANZ
Ja, mein Herr, verschlossen ist die Türe.

CRESPEL
O du Esel! O du Büffel!

FRANZ
Ich will den Schlüssel.

CRESPEL
Bei Gott!

Crespel geht mit seiner Tochter hinaus

FRANZ
Schon wieder geht er bös von der Schwelle!
Wie wunderlich, bizarr und ungerecht
Wenn ich mich auf den Kopf auch stelle,
Nichts ist ihm recht!
Tag und Nacht vierteil ich mich,
Auf jeden Ruf gleich springe ich;
Ich schreie oder sprech subtil,
Und wünscht man Ruh, so schweig ich still,
Hab in der Tasche Weinen oder Lachen,
Ich singe auch gar manchesmal,
Und das Singen, das ist gar nicht leicht!
Trala la la la!
Meine Stimme ist leider nicht gross:
La la la la la!
Doch der Ausdruck macht es bloss!
La la la la la!
Und ich hab Methode,
Und die Methode ist tadellos!
Tra la la la!
Ja, man kann nicht von allem haben,
Ich singe grauslich, meiner Treu!
Doch versteh ich auch zu tanzen,
Und ich behaupte frank und frei:
Drin bin ich Meister, ganz unerreicht.
Frappart ist nichts, gar nichts gegen mich,
Und das Tanzen, das ist gar nicht leicht.
Trala la la la!
Doch bei den Frau'n gelte wunderlich,
La la la la la!
Als der beste Tänzer ich,
La la la la la!
Denn ich habe Methode,
Und die ist tadellos!
Tra la la la!

Franz lässt Hoffmann ein

Szene

HOFFMANN
Franz! hier ist's!
Auf der Erde mein Freund?

FRANZ
He, wer ist da?
Ach, Sie, Herr Hoffmann?

HOFFMANN
Ich selber! Was macht Antonia?

FRANZ
Der gnädige Herr ging eben fort!

HOFFMANN
Ha-ha-ha! taub noch immer wie einst und eh!

FRANZ
Wie's mir geht? Ich danke! Nicht schlimmer!
Was man sagt, so very well.

HOFFMANN
Antonia. Geh, ruf sie her!

FRANZ
O, welche Freude wird es sein für Herrn Crespel.

Franz führt Antonia herein und lässt sie allein mit Hoffmann

Duett

HOFFMANN
Hörst du es tönen mit süsser Melodie von ferne
Sanft das Liebeslied, das Liebes ...

ANTONIA
Hoffmann.

HOFFMANN
Antonia.

ANTONIA
Ich wusst es ja, dass du mich liebst,
Dass du mir treu geblieben!

HOFFMANN
Mein Herz sprach deutlich hier,
Du sehntest dich nach mir!
Und schnell wie Sturmeswind, eilt ich zu dir, mein Kind!
Seligkeit tief empfunden,
Schon morgen sind wir verbunden!
Ewiges Glück
Kündet froh uns ein Blick.

BEIDE
Sei'n wir treu unserer Liebe,
Denn die sanften, innigen Triebe,
Sie wahren das zärtliche Herz
Vor Kummer und Schmerz
Lass getreu uns sein der Liebe!

HOFFMANN
Und doch, geliebtes Wesen,
In meinen Augen kannst du lesen,
Was mich tief mit Sorgen erfüllt!
Deine herrliche Kunst gilt dir mehr
Als meine Liebe, ich seh es wohl.

ANTONIA
Ach, könnt ich's selbst mir deuten,
Ich lieb ja dich in ihr.
Und doch wieder sie in dir!
O sag: Willst auch du mir das Singen verbieten,
Wie es mein Vater getan?

HOFFMANN
Wie? Was sagst du?

ANTONIA
Ja, mein Vater will nicht, dass ich singe;
Er gebot mir, zu schweigen. Willst du, so sing ich!

HOFFMANN
Wie ist das seltsam, welch ein Blick?

ANTONIA
Komm, komm, wie sonst du kamest.
O komm und höre, ob ich noch singen kann!

HOFFMANN
Wie sich dein Aug belebet,
Wie röten sich die Wangen!

ANTONIA
Komm, das Liebeslied, denkst du noch daran?

HOFFMANN
Ja, das Liebeslied.

ANTONIA
Wir sangen es einst zusammen.

HOFFMANN
Zusammen!

ANTONIA
Hörst du es tönen mit süsser Melodie von ferne
Leisen Klanges,
Leisen Sanges,
Ach, das Liebeslied!

HOFFMANN
Die Strahlen der Liebe verklären dich hold,
Sie lassen dich neu erblühen.

BEIDE
Hörst du es tönen usw.

HOFFMANN
Was hast du?

ANTONIA
Nichts.

HOFFMANN
Still!

Der Vater Crespel kehrt plötzlich heim

ANTONIA
Gott, es ist mein Vater! - Gehn wir!

HOFFMANN
Nein, ich muss dies Geheimnis jetzt erfahren.

CRESPEL
Niemand hier?
Ich glaubte, dass es Hoffmann war!
Wenn er doch zum Teufel führe!

HOFFMANN
Ich dank für die Ehr!

Franz kommt und meldet den Doktor Mirakel

FRANZ
Gnäd'ger Herr!

CRESPEL
Was?

FRANZ
Doktor Mirakel ist vor der Türe!

CRESPEL
Doktor Mirakel? Schliess die Türe
Nur schnelle!

FRANZ
Ja, der Doktor ist zur Stelle.

CRESPEL
Er wär ein Doktor?
Bei meinem Leben!
Ein Totengräber ist's.
Ein frecher Mörder,
Der wie einst meiner Frau,
Auch meinem Kind den Rest will nun geben!
Ich hör noch seine Flaschchen klirren wie zum Spott!
Jag ihn fort auf der Stelle.

Mirakel tritt ein

MIRAKEL
He, he, he, he!

CRESPEL
Höll und Tod!

MIRAKEL
He, he! Guten Tag, hier bin ich selber!
Wo ist denn Crespel, mein lieber Freund?
Wo steckt er denn?

CRESPEL
Halt! Halt!

MIRAKEL
He, he, he, he! Meine liebe Antonia hab ich gesucht!
Wie steht es denn mit ihrem Leiden,
Das von der Mutter sie geerbt?
Natürlich ist es noch schlimmer geworden!
Arme Kleine!
Nun, führt mich zu ihr, ich werde sie kurieren.

CRESPEL
Töten willst du sie!
Mach nur einen Schritt, und ich werf dich aus dem Fenster!

MIRAKEL
Oho, mein Freund, habt doch Geduld!

CRESPEL
Was willst du tun, Bösewicht?

Terzett

MIRAKEL
Gefahren bannt man ohne Müh,
Nur muss man sie entdecken!

HOFFMANN
Ein Schauder erfasst mich!

CRESPEL
Ein Schauder erfasst mich?

MIRAKEL
Ich muss sie befragen!
Bei meinem höheren Willen:
Tu, was ich dir befehle.
Also setzt Euch hierher.
Wie alt seid Ihr? sprecht, ich bitte!

CRESPEL
Wer? ich?

MIRAKEL
Zu Eurem Kinde red' ich.

HOFFMANN
Antonia!

MIRAKEL
Wie alt, so sprecht, ich will's,
Zwanzig Jahre, ha, des Lebens schönste Blüte!
Nun reicht mir Eure Hand!

CRESPEL
Die Hand?

MIRAKEL
Pst! Lasst mich zählen.

HOFFMANN
Gott, quält mich ein böser Traum?

MIRAKEL
Der Puls ungleich und schnell,
Ein böses Zeichen
Nun singt.

CRESPEL
Halt ein! Schweig still.
Nein, singen soll sie nicht.

MIRAKEL
Singet. - - -
Wie die Wang sich belebt, wie ihr Aug erglänzt,
Wie sie legt ihre Hand an das pochende Herz.

CRESPEL
Was sagt er?

MIRAKEL
Jammerschade doch, wirklich schade,
Wenn sie so schön und jung, des Todes Beute wär!

CRESPEL
O schweig, o schweig!

MIRAKEL
Wollt meine Hilfe ihr nicht ganz verschmähn
Und sie vom Tod gerettet sehn?
Hab hier gewisse Fläschchen, die ich sorgfältig hüte!
Einnehmen muss sie!

Mirakel gibt ihr ein paar Fläschchen Medizin

CRESPEL
Ha, schweig! Behüt mich Gott,
Dass ich folg deinem Rat, du elender Mörder!

MIRAKEL
Einnehmen muss sie hiervon jeden Morgen früh.
Ei ja, ich kenn mich aus!
Eine ist krank im Haus,
Ich heil sie ohne Scherzen,
Bei mir sind alle Schmerzen
Bald aus. Ha.

HOFFMANN
Antonia, aus des Todes Nacht und Graus
Muss ich dies Kind erretten,
Das so inniglich ich liebe!
Umsonst höhnst du des Vaters Schmerzen,
Hohnlache nicht zu früh, du Satan.

CRESPEL
Hinaus, entfern dich, du Höllengraus.
Es regt sich Zorn im Herzen.
Schon' des Vaters Schmerzen.
Hinaus! Verlasse dieses Haus.
Meide dies Haus! Hinaus!
Du Höllengraus, hinaus!

Der alte Crespel jagt den Doktor Mirakel hinaus

MIRAKEL
Einnehmen muss sie.

CRESPEL.
Hinaus, hinaus!

MIRAKEL
Jeden Morgen früh.

Mirakel kehrt immer wieder zurück

CRESPEL
Hinaus, hinaus!
Ach, endlich ist er fort
Und die Türen fest verschlossen!
Nach aller Sorg und Qual sind wir allein,
Geliebtes Kind!

MIRAKEL
Einnehmen muss sie jeden Morgen früh.

CRESPEL
Elender Schurke.

MIRAKEL
Jeden Morgen früh.

CRESPEL
Wenn in schwindeln der Tiefe das Meer dich verschlingt.
Will ich sehn, ob der Teufel dir Hilfe dann bringt
Hinaus. Entfern dich, du Höllengraus.
Es regt sich Zorn im Herzen,
Schone des Vaters Schmerzen.
Meide das Haus, hinaus, hinaus!

Crespel geht hinaus; Hoffmann bleibt allein mit Antonia

Szene

HOFFMANN
Nicht mehr singen!
O Gott, wie das von ihr verlangen,
Solches Opfer zu bringen?

ANTONIA
Nun denn, was sprach mein Vater?

HOFFMANN
O frag mich nicht! Bald sollst du alles wissen.
Sei ohne Bangen! Ein neues Leben winkt!
O meine süsse Braut, doch du musst entsagen
Für ewig und für immer dem Traum von Ruhm und Glanz,
Und der Zukunft goldnem Schimmer,
Wenn du mir gehören willst fürs Leben!

ANTONIA
Doch du selber?

HOFFMANN
Die Liebe künftig uns vereine,
Ich lebe nur für dich;
Die Hand leg in die meine!

ANTONIA
Hier meine Hand!
Zum Unterpfand!

HOFFMANN
Ach, könnt ich dir es lohnen
Mit Edelstein und Kronen,
Was du für mich getan!
Ha, Schritte, dein Vater kommt zurück!
Leb wohl. Ich muss gehn!

Auch Hoffmann geht; Antonia bleibt allein

ANTONIA
Auf Wiedersehn! - - -
Mit meinem Vater ist er wohl im Bunde -
Zu spät! Die Tränen sind umsonst!
Ich hab's gelobt, und nie mehr werd ich singen.

Wieder kommt der unheimliche Mirakel

Terzett

MIRAKEL
Du wirst nicht mehr singen? Hast du wohl bedacht,
Was das heisst, bei deiner Jugend ein solches Opfer bringen?
Wie dich Natur hat mit Schönheit und Talent reich bedacht,
Was der Himmel dir einst in Fülle hat verliehen?
Musst du es in den Staub gemeiner Wirtschaft ziehen?
Hast du noch nie im stolzen Traum empfunden das Glück,
Das unnennbare Glück, den rauschenden Beifall zu hören
Einer hocherregten Menge, die deinen Namen
Auf den Lippen trägt und bezaubert dir folgt mit dem Blick.
Ja, das ist wahre Freude, auch ein grosses, ewiges Glück.
Und all das willst du opfern im ersten Jugendreiz
Für jenes Alltagsleben, für bürgerliche Enge,
Fürs Geschrei kleiner Kinder,
Die die Schönheit dir noch rauben!

ANTONIA
Ha, welche Stimme ist's, die meine Sinne trübt?
Ist's Teufel oder Gott, der mir ein Zeichen gibt?
Nein. Nein. Diese Stimme will mein Verderben!
Ha, gegen meinen Ehrgeiz die Liebe erwacht.
Was ist mir Ruhm, was aller Glanz der Erde,
Wenn nur des Geliebten Auge lacht.

MIRAKEL
Was für ein Glück ist denn das, deine Liebe?
Seiner Lust opfert dich Hoffmann,
Er liebt nur dein hübsch Gesicht,
Und es dauert nicht lang,
Wie die andern, macht's auch der eine,
Und kommt seine Zeit, dann die Treu er bricht.

ANTONIA
Nein! Versuche mich nicht mehr. Dämon, flieh weit.
Lass ab von mir, ich beschwör dich!
Ew'ge Treue gelobt ich ihm und halte meinen Eid.
Ich kann nicht mehr zurück, nicht mir gehör ich mehr,
Denn hat er nicht soeben mir Treue geschworen
Und heisse Liebe für Zeit und Ewigkeit?
Ach, wer rettet mich, Teufel vor dir, vor mir selber?
Die Mutter, meine Mutter, die so innig ich liebe

MIRAKEL
Du wagst es, die Mutter anzurufen?
Die Mutter, war sie's nicht selbst, die dich einst der Kunst geweiht!
Undankbare! Ha! Gedenk ihres Namens Glanz,
Den du wegwirfst fortan!
So höre.

EINE STIMME
Antonia!

ANTONIA
Himmel!

MIRAKEL
Höre!

STIMME
Antonia!

ANTONIA
Gott, meine Mutter, meine Mutter!

STIMME
Leise tön meiner Stimme Klang,
Teures Kind, hörst du nicht
Deiner Mutter süssen Sang?
Leise tön meiner Stimme Klang,
Hör, o hör, aus dem Grabe deiner Mutter süssen Sang.

ANTONIA
O meine heissgeliebte Mutter,
Es redet ihr Geist zu mir.

MIRAKEL
Ja, sie ist's; blick empor,
Sie wird guten Rat dir geben.
Sie liess dir ein Talent, das die Welt in ihr verlor.

STIMME
Antonia!

MIRAKEL
So höre!

STIMME
Mein liebes Kind.

MIRAKEL
Ha, sie scheint neu zu leben.
Der Menge fernes Beifallrauschen macht sie beben,

STIMME
Antonia!

ANTONIA
O teure Mutter!

MIRAKEL
Nun, so singe doch mit ihr,

ANTONIA
Ja, es ist ihr Geist, der mich ruft,

MIRAKEL
Nun, so singe mit ihr,
Singe mit deiner Mutter,
Ihre heissen Wünsche kröne.
Lasse brausen die Töne,
Der Stimme Klang.
Deine Mutter, sie flehet.
O singe mit ihr.
Ja, das sind ihre Töne,
Das ist ihr Klang.
Stimme mit ein in den Gesang.

ANTONIA
Nein, genug! Ich erliege!
Ich schwor, nie mehr zu singen!
In der Brust fühl ich mich von heisser Glut durchdrungen.

MIRAKEL
Nur fortgesungen!
So singe, warum hältst du ein?
Hör der Mutter Gesänge, wie sie dich rufen,
Inbrünstig rufen, höre doch deine Mutter, sie ruft dich.

STIMME
Teures Kind, ach, ich ruf dich.

MIRAKEL
Ja, es ist ihr Geist, der so süss dich ruft.

ANTONIA
Ach meiner Mutter Stimme ruft mich. Ach!
Dem Drang widersteh ich vergebens.
Welch ein Feuer verzehrt mich,
Welches Feuer blendet mich,
Fasst das Herz mir bang,
Blendet meinen Sinn,
Ach.
Nur einen Augenblick noch zu leben,
Mag meine Seele dann entschweben
Zum Himmel ins lichte Paradies.

STIMME.
Hör deine Mutter!
Sie ruft dich flehend, sanft und süss.
Singe immer, o Tochter.
Meine Stimme ruft dich.
Singe, singe.
Sanft und duftig sei dein Gesang,
Singe immerfort, teures Kind!
Ja, es ruft dich deine Mutter,
O hör den Klang.

MIRAKEL
Singe! Singe nur immer!
Mutterstimme ruft dich, singe.
Mutterstimme fleht dich an,
O sing!
Die Mutter, sie ruft dich, o hör den Klang.

Mirakel schleicht hinaus. Crespel tritt ein

Finale

CRESPEL
Ach, mein Kind! Meine Tochter! Antonia!

ANTONIA
Mein Vater, fasse dich.
Meine Mutter, sie ruft mich,
Er ist wieder da!
Leise klingt mir im Gemüt
Ein süsses Liebeslied,
Lusterfüllend,
Schmerzenstillend,
Ach, ein süsses Liebeslied.

CRESPEL
Nur ein Wort, ein einz'ges Wort
Sprich zu mir, meine Tochter, o sprich!
Furchtbarer, unerbittlicher Tod,
Hab Mitleid. Ach, verschone sie mir, Antonia!

Hoffmann stürzt herein

HOFFMANN
Was ist geschehen?

CRESPEL
Ha, Hoffmann, fahr zur Hölle!
Du warst's, der sie mir getötet.
Ha, mit Blut will ich ihre Wangen röten,
Ein Messer! Ein Messer!

NIKLAUS
Unglückseliger.

HOFFMANN
Schnell zu Hilfe, holt einen Arzt!

Doktor Mirakel ist plötzlich wieder da.

HOFFMANN
Schnell zu Hilfe, schnell, holt einen Arzt!

MIRAKEL
Bin schon da. - - - - - Tod!

CRESPEL
Ach Gott!
Teure Tochter, mein Kind! mein Kind!

HOFFMANN
Antonia!!

NACHSPIEL

Wieder in Lutters Weinstuben in Berlin, wie im Bild des Prologs. Die Gesellschaft hat ruhig und versonnen den Geschichten gelauscht, die Hoffmann erzählte

Szene und Chor

HOFFMANN
Meine Liebesgeschichten habt ihr nun gehört,
Ich werde sie nie vergessen.

CHOR
Bravo! Bravo! Hoffmann!

HOFFMANN
Ach! ich bin verrückt!
Die Gläser gefüllt und denkt nur eins:
Uns umschweben die Geister des Biers und des Weins.
Drum lasst uns trinken und betäuben,
Dann das Nichts unseligen Vergessens ...
Olympia? Zerbrochen? Antonia? Tod?
Giulietta! Ach, für sie die letzte Strophe
Des Liedes vom Kleinzack.
Einer Phryne Herz bracht ihn zum Bettelsack.

CHOR
Bracht ihn zum Bettelsack.

HOFFMANN
In Verzweiflung trank er fortan nur noch Kognak.

CHOR
Fortan nur noch Kognak.

HOFFMANN
Er war ruiniert, ein altes Wrack.
Und mit ganz leerer Börse macht er Clic Clac.
Clic! Clac! Das war Kleinzack!

Sie sind lustig, trinken und singen. Hoffmann sucht im Wein Betäubung und Vergessen. Ueber dem Lied des Chores fällt der Vorhang

CHOR
Clic! Clac! Das war Kleinzack!
Nun füllet bis zum Rand die blanken Becher,
Punsch muss es sein, das andere gilt uns gleich.
Gott Bacchus winket euch, ihr frohen Zecher!
Bis morgen währt sein lustig Reich.
Punsch muss es sein.
Schenk ein!